Wir haben die Wahl

Das Land Nordrhein-Westfalen hat die Notbremse gezogen. Seit Dienstag, 23. Juni 2020, gilt für den gesamten Landkreis Güterloh der Lockdown. Ursache sind unter anderem die prekären Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie. Auf dem Schlachthof der Firma Tönnies wurden mehr als 1500 Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet. Außer konventionell gehaltenen Tieren wurden dort auch Bio-Tiere für Discounter geschlachtet.

„Dass die Mitarbeiter dort ausgebeutet werden, ist an sich nichts Neues. Durch das Corona-Virus dringt das jetzt in das Bewusstsein der Öffentlichkeit“, sagt Thomas Rolle, der mit Thomas Ulbrich den Biomarkt Bad Salzuflen leitet. Die billigen Preise in den konventionellen Supermärkten seien unter anderem aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen möglich – von den erbärmlichen Zuständen in der Massentierhaltung ganz zu schweigen.

Die meisten Fleischproduzenten passen ihre „Produkte“ gewaltsam den Haltungsformen an. Sie trennen Hörner, Ringelschwänze und Schnäbel ohne Betäubung ab. Zähne werden gekürzt. Die Bewegungsfreiheit der Tiere ist massiv eingeschränkt. Damit sie unter diesen Bedingungen überleben, bekommen sie massiv Antibiotika.

Den Arbeitern in dieser Industrie geht es ebenfalls nicht besonders gut. Der Corona-Skandal rückt deren Zustände ins Rampenlicht. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland spricht von „maximaler Ausbeutung“. Die Deutsche Welle hat sich in abrissreifen Wohnungen von Werksarbeitern umgesehen. Die Süddeutsche Zeitung berichtet von 200 Arbeitsstunden pro Person pro Monat. Der Spiegel nennt die Praktiken „menschenverachtend“. Bei Tönnies wurden vor dem Lockdown pro Tag mehr als 30.000 Tiere zerlegt.

„All das kauft man mit ein, wenn man im Discounter zum Billigfleisch greift“, sagt Thomas Rolle. Die Alternative sei einfach: entweder die vegetarische Ernährung oder Fleisch aus dem Biofachhandel. „Das ist zwar teurer, doch die Bedingungen für Mensch und Tier stimmen – und die Qualität des Lebensmittels“, sagt Thomas Ulbrich.

Die Welt ist im Wandel. Alles verändert sich. „Wir glauben, dass wir Menschen an einem Scheideweg stehen. Machen wir so weiter wie bisher oder entscheiden wir uns für eine bessere Welt?“, sagen Thomas Rolle und Thomas Ulbrich. Jeder einzelne leiste mit seinem Bewusstsein und seinen täglichen Entscheidungen einen Beitrag in die eine oder andere Richtung. „Es geht nicht darum jemanden zu verurteilen, sondern darum, wie wir als Individuen unsere gemeinsame Welt gestalten. Wir denken trotz allem positiv“, sagen Thomas Rolle und Thomas Ulbrich.

Kommentare sind nicht verfügbar.